KI als Werkzeug der Freiheit – vom Datenstrom zum Instrument der Zukunft
Künstliche Intelligenz (KI) prägt in verschiedensten Formen bereits heute unsere Gesellschaft, oftmals stärker, als es von vielen Menschen wahrgenommen wird. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren beschleunigen – wir stecken mitten in der größten Transformation seit der Erfindung des Internets.
Der Einsatz von KI ist eine entscheidende Weichenstellung für den Wohlstand, die Innovationskraft und die Lebensqualität im 21. Jahrhundert. KI ist kein Selbstzweck, sondern ein mächtiges Werkzeug, das menschliche Entscheidungsfreiheit erweitern und nicht ersetzen soll. Es ermöglicht eine neue Stufe der Digitalisierung, die zu automatisierten Prozessen, präziseren Analysen und individuelleren Dienstleistungen führt.
Die Freien Demokraten wollen diese Entwicklung gestalten, damit aus der KI als Instrument der Zukunft ein Werkzeug der Freiheit wird.
Wir wollen Hamburg zum führenden KI-Standort im Norden machen und fordern den Senat auf, die regulatorischen und investiven Rahmenbedingungen entschlossen zu setzen, um die Chancen der Technologie konsequent zu nutzen und gleichzeitig die Freiheitsrechte des Individuums zu wahren.
Hamburgs Ausgangslage und die Bedeutung von KI
Das Portal „bitkom.org“ kürt Jahr für Jahr in einem „Smart City Index“ die „smartesten“ Städte Deutschlands und legt dabei verschiedene digitalisierungsbezogene Kriterien an.[1] 2025 konnte Hamburg unter den deutschen Metropolen knapp nach München den zweiten Platz dieses Rankings erringen. Auf diesem Platz darf sich Hamburg nicht ausruhen – stattdessen muss auf dieser digitalen Grundlage nun der konsequente Ausbau zu einem führenden KI-Standort erfolgen.
Die Bedeutung von KI für Hamburg ist gesamtstädtisch und umfasst folgende zentrale Bereiche:
- Wirtschaft und Arbeit: Die Arbeitswelt wird durch den Einsatz von KI fundamental transformiert; diese Entwicklung ist in vollem Gange. KI kann Routineaufgaben übernehmen und damit menschliche Arbeitskraft für höherwertige, kreative und komplexe Aufgaben freisetzen. Insbesondere für den Mittelstand und für Selbstständige, können diese Technologien Einstiegshürden senken und neue, flexiblere Geschäftsmodelle ermöglichen.
- Effiziente Verwaltung und effizienter Rechtsstaat: Angesichts von Fachkräftemangel und steigenden Herausforderungen muss die öffentliche Verwaltung ihre Leistungsfähigkeit steigern. KI ist der Schlüssel, um in Behörden und der Justiz standardisierte Prozesse schneller, effizienter und transparenter zu gestalten. Im Hamburger Hafen – einem der größten Umschlagplätze der Welt – bietet KI einzigartige Möglichkeiten für die Optimierung von Logistik, Umschlag und Verkehr.
- Gesellschaftliche Teilhabe: Im Gesundheitswesen kann KI die Diagnostik revolutionieren und zu individuell besseren Therapieansätzen führen. Im Sozialbereich bietet sie das Potenzial, bürokratische Hürden abzubauen, indem sie Bürgerinnen und Bürger beim Ausfüllen von Anträgen assistiert und passgenauere Job-Vermittlungen ermöglicht. Als Sprachmittler eingesetzt kann KI eine wertvolle Rolle bei der Integration einnehmen. Der Bildungssektor sieht sich mit großen Herausforderungen durch kompetente/kompetenzsteigernde und weniger kompetente/kompetenzmindernde KI-Nutzung der Lernenden gegenüber.
Die FDP Hamburg bekennt sich zu einem positiven und optimistischen Ansatz im Umgang mit KI. Wir wollen die Innovationskraft von Wirtschaft und Forschung entfesseln, aber gleichzeitig dafür sorgen, dass der Mensch und seine Freiheitsrechte stets im Mittelpunkt stehen. Aus diesem Ansatz leiten wir für Hamburg folgende Forderungen ab:
1. Innovation, Arbeit und Wirtschaftskraft stärken
Die Stadt Hamburg darf sich nicht auf die Rolle des Zuschauers zu beschränken, sondern muss aktiv als Impulsgeber auftreten:
- Hamburg als Lead User und Inkubator: Die Stadt muss als aktiver Nachfrager und "Lead User" innovative KI-Dienstleistungen von Start-ups und Mittelständlern marktkonform einkaufen. Damit wird die Entwicklung der heimischen KI-Wirtschaft direkt stimuliert und die öffentliche Hand profitiert gleichzeitig von den modernsten Lösungen. Die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung soll in der Forschung einen Schwerpunkt auf die Entwicklung sogenannter „Foundation Models“ legen, die nur einmal grundlegend entwickelt werden müssen und für vielfältige Anwendungen nutzbar sind.
- Hafen als Internationaler KI-Referenzstandort: Der bereits bestehende Einsatz von KI im Hafen muss massiv ausgebaut werden. Hierbei muss die Kooperation zwischen staatlichen und privaten Akteuren intensiviert werden, um als Hafenstadt international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Stadt soll das Ziel ausrufen, den Hamburger Hafen bis 2030 zum international führenden Test- und Referenzstandort für autonome Logistik, Smart Mobility und KI-gestützte Steuerungssysteme zu machen.
- KI als Motor für Nachhaltigkeit und Klimaneutralität: Mit Hilfe von KI lassen sich viele ungenutzte Potentiale zur Ressourceneffizienz, zum Energiesparen oder auch zur Müllvermeidung oder zum klimafreundlichen Verkehr auf Straße, Schiene, Wasser und Luft und genauso im Bau und Betrieb von Immobilien heben. KI kann so einen großen Beitrag leisten, Hamburgs ambitionierte Klimaziele zu erreichen – nicht durch Verzicht, sondern durch Effizienzsteigerung.
- Bereitstellung von Daten: Der Senat soll dafür sorgen, dass alle Behörden und die öffentliche Verwaltung allgemeine und öffentliche, nicht personenbezogene Daten und sogenannte Metadaten für die Entwicklung von KI-Anwendungen kostenlos und niedrigschwellig zur Verfügung stellen (unter Wahrung der rechtlichen Grundlagen und er Datenhoheit). Auf diese Weise werden innovative KI-Konzepte auch aus der Bevölkerung heraus unterstützt und gefördert.
- Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft: Die Stadt soll Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung über KI nicht nur besser zugänglich machen, sondern Pilotprojekte von KI-Anwendungen in Unternehmen aktiv unterstützen und fördern.
- Engere Zusammenarbeit mit skandinavischen und baltischen Staaten: Diese Länder sind Vorreiter für KI in Europa und können in vielen Bereichen als Vorbild oder mindestens Erfahrungsgeber fungieren. Der Senat soll hierfür entsprechende Kooperationen aufbauen und ausbauen.
2. Bürokratie abbauen und Rechtsstaatlichkeit sichern
Um die großen Chancen der KI-Nutzung für Effizienz und Bürgerfreundlichkeit der öffentlichen Verwaltung zu nutzen, fordern wir:
- Praxisnahe Pilotprojekte in Verwaltung und Justiz: Anstatt einer pauschalen Umstellung fordern wir die Einsetzung von Projektgruppen für alle Verwaltungszweige und die Justiz, die sich mit der schrittweisen und praxisnahen Einführung von KI in klar definierten, standardisierten Vorgängen (z.B. Aktenanalyse, Fristenüberwachung, Antragsprüfung) befassen.
- Automatisierung von Bauanträgen: Die Einführung KI-gestützter Systeme zur Automatisierung, aber mindestens zur Unterstützung, von Bauantragsprüfungen ist zwingend notwendig, um die langen Bearbeitungszeiten für Genehmigungsverfahren zu halbieren. Dies dient dem Bürokratieabbau und schafft Planungs- und Investitionssicherheit.
- KI-Ethik-Charta: Zur Sicherstellung der Rechtskonformität und Vertrauenswürdigkeit muss auf Landesebene eine KI-Ethik-Charta etabliert werden. Diese verpflichtet zu Transparenz über in der Verwaltung genutzten KI-Algorithmen und gewährleistet, dass Entscheidungen nachvollziehbar sind. Die Letztverantwortung muss stets beim Menschen und in demokratisch legitimierten Prozessen verbleiben.
- KI-Beirat: KI verursacht einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruch, der von der Politik gestaltet werden muss. Hamburg soll einen interdisziplinären KI-Beirat, bestehend aus wissenschaftlichen Experten und Vertretern gesellschaftlicher Gruppen, einrichten, der fortlaufend die Auswirkungen der KI-Entwicklung auf die Gesellschaft beobachtet, analysiert und Handlungsempfehlungen an Entscheidungsträger gibt.
- Nutzung von generativer KI in der öffentlichen Verwaltung: In Behörden, Ämtern und der Verwaltung gibt es viele standardisierte Prozesse und Vorgänge. Diese können mit Hilfe von KI und Automatisierung schneller, effizienter, bequemer und transparenter für die Bürgerinnen und Bürger laufen. Diese Umstellung ist auch eine Gelegenheit – gegebenenfalls mit Hilfe von KI – den bestehenden Überregulierungswust auf den Prüfstand zu stellen.
- Ablehnung innovationsfeindlicher Regulierung: Der Senat soll sich auf Bundes- und EU-Ebene stets gegen innovationshemmende, überbordende Regulierung nach dem Beispiel des EU AI Acts aussprechen. Statt starrer Vorschriften sind flexible, praxisnahe Leitplanken und eine technikoffene Haltung einzufordern.
- Für das Personal öffentlicher Dienststellen sind die Stellenbeschreibungen zügig entsprechend anzupassen und die Kapazitäten für die notwendigen Schulungen zu schaffen
3. Bildung, Kultur, Gesundheit, Soziale Teilhabe: KI als Motor der Gesellschaft: Der Einsatz von KI bietet große Möglichkeiten, die Teilhabe an der Gesellschaft für viele Menschen zu stärken. Um dieses Potential zu heben, fordern wir:
- KI-Kompetenz in Schulen: Zur Vorbereitung auf die Arbeitswelt fordern wir die verpflichtende Fortbildung zum Themenbereich KI für alle Lehrenden an weiterführenden Schulen. Der kritisch-konstruktive Umgang mit KI zur Steigerung der eigenen Kompetenzen der Lernenden muss in den Hamburger Bildungsplänen verankert werden. Prüfungsformate müssen öfter und in stärkerem Maße auch mündliche Anteile enthalten, um abzusichern, dass ein tatsächlicher Lern- und Kompetenzgewinn stattgefunden hat.
- KI als Assistent im Sozialstaat: KI soll helfen, bürokratische Hürden abzubauen, etwa durch digitale Assistenten und Chatbots, die Bürgerinnen und Bürger beim Ausfüllen von Anträgen für staatliche Leistungen unterstützen. Der Staat muss jedoch sicherstellen, dass menschliche Beratung möglich bleibt.
- Abrechnungsfähigkeit von KI-Medizin: Der Senat muss sich auf Bundesebene vehement für eine schnelle Anpassung der Gebührenordnungen (GOÄ/EBM) einsetzen, damit KI-gestützte Diagnose- und Therapieleistungen in Hamburger Praxen und Kliniken abrechenbar werden. Nur so können die notwendigen Investitionen in diese Zukunftstechnologie wirtschaftlich getätigt werden.
- Kennzeichnungspflicht für KI-Inhalte: KI gibt den Menschen mächtige Werkzeuge an die Hand, um Inhalte aller Art zu generieren. Um Transparenz hinsichtlich der Nutzung von KI zu gewährleisten, soll eine verbindliche Kennzeichnungspflicht für die Nutzung von KI bei der Erstellung von Inhalten eingeführt werden.
- Schutz des geistigen Eigentums: Die Nutzung von KI wirft neue Fragen zum Schutz geistigen Eigentums auf. Urheberrechte müssen konsequent durchgesetzt werden, auch international gegenüber großen KI-Unternehmen. Des Weiteren muss durch ein modernisiertes Urheberrecht sichergestellt werden, dass die Nutzung von geschützten Werken für das Training von KI Modellen nur unter fairer Lizenzierung gestattet ist.
Hamburg muss den technischen Fortschritt als Ausdruck unseres liberalen Menschenbildes begreifen. Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, die hieraus resultierenden Chancen zu nutzen und Risiken verantwortungsvoll handhaben zu können.
Mit diesem mutigen und optimistischen Ansatz wird die FDP Hamburg die digitale Zukunft der Stadt aktiv und freiheitlich gestalten.